Betriebliche Übung

Der Arbeitgeber hat über mehrere Jahre hinweg vorbehaltlos Weihnachtsgeld gezahlt. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten will er nun die Zahlung des Weihnachtsgelds einstellen. Er fragt, ob er darüber frei entscheiden kann oder ob die Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortzahlung des Weihnachtsgelds haben. Liegt eine betriebliche Übung vor, kann ein solcher Fortzahlungsanspruch kann bestehen.

Betriebliche Übung – Definition

Die betriebliche Übung ist eine arbeitsrechtliche Besonderheit. Sie ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, dass ihnen eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll. Sie begründet also eine rechtliche Bindung des Arbeitgebers für die Zukunft. Obwohl keine schriftliche Regelung getroffen wurde, ist die betriebliche Übung nunmehr ein Teil des Arbeitsvertrages.

Eine regelmäßige Wiederholung eines bestimmten Verhaltens wird oft schon ab einem dreimaligen vorbehaltlosen und gleichförmigen Handeln des Arbeitgebers angesehen. Im vorliegenden Fall muss der Arbeitgeber also auch im fünften Jahr das Weihnachtsgeld zahlen.

Der Arbeitgeber kann sich jedoch vor einer betrieblichen Übung schützen. So kann er durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag schon bei der Gewährung von Leistungen jede Bindung für die Zukunft ausschließen und dadurch von vornherein die Entstehung einer betrieblichen Übung verhindern. Als Alternative kann er sich vorbehalten, die Leistungszusage später zu widerrufen (Widerrufsvorbehalt), wodurch er zwar die Entstehung der betrieblichen Übung nicht verhindert, aber eine einmal entstandene betriebliche Übung beseitigen kann.

Allerdings ist bei der Formulierung von Vorbehaltsklauseln Vorsicht geboten. Die Rechtsprechung hat insoweit besondere Wirksamkeitsvoraussetzungen aufgestellt, die es zu beachten gilt. Zu beachten ist auch, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine doppelte Schriftformklausel irreführend und damit unwirksam sein kann und sie für den Fall der Unwirksamkeit auch nicht das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindert (BAG 20.05.2008, 9 AZR 382/07).

Beendigung der betrieblichen Übung

Ist das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht durch eine Regelung im Arbeitsvertrag im Vorhinein ausgeschlossen worden, gibt es zwei Möglichkeiten diese zu beenden. Zum einen könne die Parteien einvernehmlich einen Änderungsvertrag unterschreiben. Ist der Arbeitnehmer dazu nicht bereit, kann der Arbeitgeber zur Not eine Änderungskündigung auszusprechen. Diese Änderungskündigung kann der betroffene Mitarbeiter unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Diesen Vorbehalt muss er innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Änderungskündigung erklären.

Die sogenannte gegenläufige Betriebsübung führt hingegen nicht mehr zur Beendigung (BAG 18.03.2009, 10 AZR 281/08).